Mittelformat Bühnenfotografie ohne Blitz und doppelten Boden
Fotograf Matthias Nieschke
1. Die Bewegung
Ich heiße Matthias Nieschke und bin als Sohn einer großen, klassischen Ballettschule aufgewachsen. Jeden Tag konnte ich als Bub Einsicht in den Ballettsaal haben. Stundenlang am Boden zu sitzen und die Bewegungen der Ballerinas zu beobachten, hat mich fasziniert – besonders beim Einstudieren der anmutigen und eleganten Posen und die großen Generalproben für eine Ballettaufführung. Was für ein Privileg! Dadurch habe ich schon früh eine Vorstellung davon bekommen, wie eine Ballerina durch Körperspannung und Haltung einer Figur Ausdruck verleiht.
So habe ich im Laufe der Zeit ein gutes Auge für Bewegungsabläufe entwickelt und kann genau sagen, wann sie ihren Höhepunkt erreichen. Exakt hier ist der richtige Moment für ein Bild. Der Zeitpunkt, wenn die Bewegung bis zu Ende ausgeführt wurde. Natürlich ist für mich ein Blick in die Choreografie hilfreich, um für die verschiedenen Szenen und Figuren vorbereitet zu sein.
Als Kameramann und Fotograf leben meine Aufnahmen in vielerlei Hinsicht von der Bewegung. Egal, ob es sich um Ballettfotos, eine Theateraufführung, Fashion Fotografie oder Hochleistungssport handelt. Beim Film ist es noch extremer. Hier arbeitet man fast ausschließlich mit bewegten Bildern. Diese in hoher Qualität und Dramatik einzufangen bedeutet, mit der Kamera eins zu werden. Gewissermaßen tanze ich mit.
2. Fotografieren im Grenzbereich
Beim Fotografieren von Ballett ist entscheidend, die Elemente der Fotografie in den Grenzbereichen mit schwachem Licht und schneller Bewegung zu kennen. Eigenschaften wie Lichttemperatur (Kelvin) im Theater, die Geschwindigkeit der Bewegungen und Verschlusszeit der Kamera sind ebenfalls wichtig, um Bewegungsunschärfe zu vermeiden. Die Entfernung zum Tänzer, die daraus resultierende Objektivwahl und Brennweiten, sowie die jeweils besten Blenden der Objektive für diese Situation spielen auch eine große Rolle. Jedes Objektiv verhält sich etwas anders. Beim Mittelformat, auf dem ich bevorzugt fotografiere, kommt noch hinzu, dass die Schärfentiefe bei einem Minimum liegt.
Ich vergleiche das immer mit einem superschnellen Auto, sagen wir einen Ferrari. Etwas zu viel auf´s Gas getreten und schon ist man am Ziel vorbeigeschossen oder verliert die Kontrolle. Es ist um so wichtiger, mehr Feingefühl für die Situation zu entwickeln, je sensibler das Auto, oder – in unserem Fall – die Kamera ist. Das Mittelformat fordert hier absolute Präsents und schnelle Reatktion, wenn man, so wie ich, komplett manuel arbeitet. In meinem Fall ist es die absolute Schärfe im Bild richtig zu setzen. Einen Tänzer exakt scharf zu ziehen, der permanent seine Position verändert.
Manche meiner Kollegen können es kaum fassen und halten das Mittelformat aufgrund seiner sensiblen Eigenschaften für ungeeignet, um damit Events oder Ballett zu fotografieren. Mir hingegen bereitet es große Freude, genau damit diese Aufnahmen zu schießen. Ultra scharf und bei nahezu jedem Lichtverhältnis gewinnen meine Bilder an Ausdruck und Dynamik. Ich möchte diese Eigenschaften nicht mehr missen. Das Ergebnis spricht für sich.
In Workshops und Vorträgen zeige ich immer wieder auf, wo die Unterschiede zwischen Voll- und dem größeren Mittelformat liegen. Wobei Letzteres aufgrund der Anschaffungspreise oftmals nur den Profis zur Verfügung steht. Wer aber mit 100 Megapixel und mehr fotografieren möchte, dem empfehle ich sich im Vorfeld zu informieren und solch eine Kamera vor der Anschaffung zu testen. Es soll Freude bereiten und nicht frustrierend sein, denn Mittelformat kann durchaus anspruchsvoll sein.
Die große Auflösung sorgt auch für fantastische Qualität bei Vergrößerungen von Foto- und Kunstdrucken auf Leinwand. Die gibt es in meiner hauseigenen FineART Spezialdruckerei. Mehr dazu in einem Artikel über meine Arbeiten.
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